Von Erich Später
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Ende September 1956 bereist Peter Miska, Journalist der angesehenen Frankfurter Rundschau das Saargebiet. Miska ist der antifaschistischen und antimilitaristischen Tradition seiner Zeitung verpflichtet und entsetzt über den triumphierenden deutschen Nationalismus an der Saar. Seine Reportagen erschienen unter dem Titel „So deutsch ist die Saar“ und sind noch heute lesenswert. Wir dokumentieren einen Auszug, der sich mit dem Werner-Zyklus beschäftigt und stellen einige Fragen zur aktuellen Ausstellung.
„… Auch in der Sitzung des Saarbrücker Stadtrats vom 25. September 1956 gab es noch ein schönes Beispiel dafür, wie deutsch die Saar heute ist, genauer gesagt: wie deutsch sie nach dem Willen demokratischer Saarparteiler noch werden soll. Die Fraktion der „Demokratischen Partei Saar“ hatte den Antrag· eingebracht, sechs ehemals im Spichererberg-Museum untergebrachte Monumentalgemälde des kaiserlichen Hofmalers Anton von Werner restaurieren zu lassen. Die Bilder stellen dar:
„Einzug Kaiser Wilhelms in Saarbrücken“ (nie stattgefunden)
„Erstürmung des roten Berges“ (Schlacht an den Spicherer Höhen)
„Bismarck“
„Kronprinz Friedrich“
„Prinz Friedrich Karl“
„Moltke“
Die Restaurierung wird fast 900 000 Franken kosten (etwa 10 000 D-Mark). Die Tatsache, daß der Antrag mit der knappen Mehrheit von 21 gegen 19 Stimmen angenommen wurde, bezeichnete die in Saarbrücken erscheinende Zeitung der DPS „Deutsche Saar“ in einem am Oktober 1956 erschienenen ganzseitigen Artikel als „das … Bekenntnis der Saarbrücker Stadtverordneten zur deutsch-vaterstädtischen Tradition“.
Im Goebbels-Jargon
Wer den Artikel in der „Deutschen Saar“ liest, kann leicht glauben, eine Feuilletonseite des „Völkischen Beobachters“ in den Händen zu halten. Im Jargon Goebbelsscher Propagandisten für „Völkische Kunst“ verteidigt der Schreiber die Restaurierung der Monumentalgemälde von Anno dazumal mit ebenso unsachlichen wie gehässigen Angriffen auf die moderne Malerei. Auf das „gesunde Volksempfinden in Sachen Kunst“ spekulierend, veröffentlicht das Parteiblatt die Fotografien von drei Bildern („Moorlandschaft“ von Schmidt-Rottluff, „Das blaue Pferd“ von Franz Marc und „Die Kuh“ von Kada-Bela), die zu Johannes Hoffmanns Zeiten vom saarländischen Kultusministerium für das Saarland-Museum angekauft wurden. Dazu heißt es dann in schönstem „Deutsche-Saar-Deutsch“: “ … Die ‚Moorlandschaft‘ und ,Das blaue Pferdchen‘ bringen wir in Abbildung, damit der Steuerzahler sieht, wie hier Steuergelder vergeudet worden sind.“ An einer anderen Stelle des des Artikels stellt der Verfasser – getreu dem Vorbild der Kunstdiktatoren des Dritten Reiches – kurzerhand fest, daß die „sogenannte abstrakte Kunst … von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt“ wird und behauptet: „Die Steuerzahler stehen auf dem Standpunkt, es solle vorläufig der Ankauf jedes Bildes, das keine Beziehung zur saarländischen Heimat und Geschichte hat, unterbleiben.“ Schlußempfehlung des schreibenden Kämpfers für „völkische Kunst“ an der Saar: „Die vorhandenen Mittel sollten dazu verwandt werden, saarländisches Kulturgut … wie zum Beispiel die (Kriegs-) Gemälde von Anton von Werner zu restaurieren und auszustellen, um der Jugend … einen lebendigen Anschauungsunterricht unserer Heimat in Gegenwart und Vergangenheit zu vermitteln.“
Über die hier beschriebenen Vorgänge haben weder das Historische Museum Saar noch die saarländischen Medien bislang berichtet. Dabei ist die genaue Überlieferungsgeschichte für das Verständnis eines Kunstwerks sehr wichtig. Die saarländische Öffentlichkeit hat außerdem ein Recht auf die umfassende Offenlegung der Umstände des Kaufs des Werner-Kriegszyklus.
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