Lesung mit Maike Albath: „Bitteres Blau. Neapel – die Stadt und die Literatur“

Sehnsuchtsort oder Moloch? Neapel ist bis heute eine Projektionsfläche. Jahrhundertelang war die Stadt am Golf eine Metropole von Weltrang, doch nach der italienischen Einigung 1861 rückte Neapel an den Rand der Geschehnisse und versank in Bedeutungslosigkeit. Um 1910 wurde dann die Stahlindustrie zum Magneten, und knapp hundert Jahre später waren es die Camorra-Toten, die Neapel in die Schlagzeilen brachten. Inzwischen tobt eine alles zermalmende Gentrifizierung.

Dass niemand Neapel gerecht wird und man der Stadt entweder haltlos verfällt oder sie ausschlachtet, stellte die Schriftstellerin Anna Maria Ortese schon in den 1950er Jahren fest. „Sobald man sich in Neapel befindet, verliert die Erde einen Teil ihrer Schwerkraft, man hat kein Gewicht mehr und keine Richtung“, heißt es bei ihr. Aber in Neapel gab es mit Matilde Serao die erste Zeitungsverlegerin Italiens, Benedetto Croce bildete einen Schutzwall gegen den Faschismus, Fabrizia Ramondino erforschte die Labyrinthe der Großfamilie, Elena Ferrante schuf ein international erfolgreiches Freundinnenpaar und Roberto Saviano prangerte die Macht der Camorra an. Und Fußball wird auch gespielt. Von den Katakomben über das Viertel Sanità, das Fußballstadion bis zu den Industriebrachen in Bagnoli durchquert Maike Albath das Schichtengebilde, das vor allem eines ist: ein magischer Spiegel.

Die Eintrittskarten (8 Euro, erm. 5 Euro) erhalten Sie in der Buchhandlung St. Johann, Kronenstraße 6, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681-95805464 oder über: buchhandlung.st.johann@t-online.de

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Stiftung Demokratie Saarland und Ludwig Hofstätter im Rahmen der Lesereihe BÖLL & HOFSTÄTTER in der Stiftung Demokratie Saarland.

Maike Albath

studierte Romanistik und Germanistik in Berlin und Italien. 1998 promovierte sie über den italienischen Dichter Andrea Zanzotto. Seit 1993 ist sie als Journalistin für den Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur tätig und gestaltete als Autorin unter anderem Radio-Features über Antonio Tabucchi, Cesare Pavese und dessen Heimatstadt Turin und die Literaturszene Kroatiens. Sie hat mehrere Jahre in Italien verbracht und ist eine der profiliertesten Kennerinnen der italienischen Gegenwartskultur. Zu ihren Publikationen im Berenberg Verlag gehören „Rom, Träume. Moravia, Pasolini, Gadda und die Zeit der Dolce Vita“ (2013), „Trauer und Licht. Lampedusa, Sciascia, Camilleri und die Literatur Siziliens“ (2019) sowie „Der Geist von Turin. Pavese, Ginzburg, Einaudi und die Wiedergeburt Italiens nach 1943“ (2010), aus dem sie 2023 in Saarbrücken gelesen hat. Für ihre Arbeit als Literaturkritikerin erhielt sie 2002 den Alfred-Kerr-Preis.